Recht und Steuern

Mehr Steuervorteile für ausländische Arbeitskräfte

10.03.2022

Am 1. Januar 2022 traten gesetzliche Änderungen hinsichtlich des Status als EXPAT/ Privilegierte Führungskraft in Belgien in Kraft.

Auch bereits in Belgien beschäftigte ausländische Arbeitnehmer können bis zum 31. Juli 2022 unter Umständen einen Antrag stellen, um davon zu profitieren.

Die AHK debelux-Mitgliedsfirma InterGest Belgium BV hat für Sie die wichtigsten Punkte und Übergangsregelungen zusammengefasst.

Viele in der Privatwirtschaft tätige Mitarbeiter in Belgien, die aus dem Ausland nach Belgien gekommen sind oder entsandt wurden, sind als Führungskraft anerkannt und genießen steuerliche Privilegien, wie eine zusätzliche maximale Werbungskostenpauschale von 11.250 Euro oder gar bis zu 29.750 Euro pro Jahr.

Zudem wurde das Gehalt, das dienstlich im Ausland erwirtschaftet wurde, von der belgischen Besteuerung ausgenommen („travel exclusion“).

Dieser Status der Führungskraft, der auf einer Verwaltungsvorschrift basierte, wurde nun aufgehoben und durch einen neuen Artikel 32/1 und 2 im allgemeinen Steuergesetz (Code Impôts sur les Revenus) ersetzt. Er wurde am 27.12.2021 erlassen und am 31.12.2021 im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht unter „Programmawet van 27 december 2021“ (Staatsblad van 31 december 2021). Das bedeutet, dass bereits anerkannte Führungskräfte ebenfalls von diesem Gesetz betroffen sind.

Dieser Artikel räumt nach Belgien gezogenen Mitarbeitern und Forschern ebenfalls umfangreiche steuerliche Privilegien ein, die jedoch nun auf einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt sind, verlängerbar um maximal drei Jahre.

Folgende Voraussetzungen auf Arbeitgeberseite sind nötig:

- Es handelt sich um ein belgisches Unternehmen bzw. Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft oder um einen Verband/Verein, der Arbeitnehmer im Ausland rekrutiert.

- Es handelt sich um eine multinationale Unternehmensgruppe - dies ist bereits der Fall, wenn ein Unternehmen in zwei Ländern der Körperschaftssteuer unterworfen ist -, die einen Arbeitnehmer entsendet an eine ihr zugehörige bzw. verbundene belgische Gesellschaft oder Niederlassung.

Dies bedeutet, dass Verbände und Vereine, die einen Mitarbeiter im Ausland rekrutieren, nun ab diesem Jahr 2022 ausdrücklich als Arbeitgeber anerkannt sind.

Für Arbeitnehmer, die nicht den Status als Forscher haben gelten folgende zwei Voraussetzungen:

1. Der Jahresbruttolohn liegt über 75.000 Euro.

2. Der Arbeitnehmer hat in einer Entfernung von mehr als 150 Kilometer von den Landesgrenzen Belgiens gewohnt und dies während eines Zeitraums von 60 Monaten vor der Beschäftigung in Belgien.

Rekrutiert ein Verein also einen Mitarbeiter in Düsseldorf kann dieser nicht von den steuerlichen Privilegien profitieren, da sein Wohnsitz weniger als 150 Kilometer von der Grenze mit Belgien gelegen hat.

Das steuerliche Privileg für Anträge ab 2022 besteht darin, dass max. 30 Prozent des Bruttolohns mit einer Obergrenze von 90.000 Euro pro Jahr als steuerfreie Werbungskosten abgesetzt werden können.

Dienstreisen spielen demnach keine Rolle mehr für die Ermittlung der steuerlich relevanten Bemessungsgrundlage. Ebenfalls irrelevant ist, ob der Mitarbeiter tatsächlich eine Führungskraft ist. Es müssen nur noch die oben genannten zwei Kriterien erfüllt sein auf Arbeitnehmerseite.

Berechnungsbeispiel

Angenommen ein aus Deutschland entsandter Mitarbeiter verdient 133.000 Euro Brutto im Jahr und er fällt weiterhin unter die deutsche Sozialversicherung.

Von diesem Jahresbruttolohn sind die Arbeitnehmeranteile zur deutschen Sozialversicherung, ca. 13.000 Euro abzuziehen. Dies ergibt 120.000 Euro. Die Bemessungsgrundlage wird um 30 Prozent reduziert (von 133.000 Euro), dies ergibt 39.900 Euro. Steuerpflichtig sind also 80.100 Euro.

Der Antrag auf Zuerkennung dieser Privilegien ist durch den Arbeitgeber und mit einer Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Beschäftigung in Belgien zu stellen. Das Finanzamt ist nun gesetzlich dazu angehalten, diesen Antrag innerhalb von weiteren drei Monaten zu bescheiden.

Im Falle, dass die Sozialversicherung in Belgien bezahlt wird, müsste sich theoretisch die Bemessungsgrundlage entsprechend reduzieren. Zwischenzeitlich hat die belgische Sozialversicherung verlauten lassen, dass die Tax free allowance von 30% des Bruttogehalts auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht freigestellt sind. Die Formulare zur Beantragung wurden auf der Webseite des belg. Finanzministeriums publiziert.

Steuerfreie Werbungskosten fallen nicht unter den sozialversicherungspflichtigen Lohnbegriff.

Für Führungskräfte, die bereits als solche anerkannt wurden, gibt es nun zwei Optionen:

  1. Soweit diese zum 1. Januar 2022 bereits länger als fünf Jahre von diesem Status profitieren, gibt es eine Übergangsregelung. Diese sieht vor, dass die vorherigen Privilegien noch anwendbar bleiben bis zum 31. Dezember 2023. Danach fallen diese Personen unter die gewöhnliche Einkommensbesteuerung in Belgien und die Privilegien sind nicht mehr anwendbar. Also das neu erlassene Privileg der 30 Prozent Werbungskosten ist nicht anwendbar.
  2. Soweit eine Führungskraft zum 1. Januar 2022 weniger als fünf Jahre von diesem Status profitiert hat und die jetzigen Voraussetzungen zu Beginn ihrer Beschäftigung erfüllt waren, kann der Arbeitgeber für diese einen Antrag stellen, dass die Führungskraft für die Restlaufzeit von den jetzt geltenden Privilegien profitieren möchten. Dieser Antrag muss dem Finanzamt bis zum 31. Juli 2022 vorliegen.

Beispiel:

Ein Mitarbeiter hat seit 1. Januar 2019 den Status als Führungskraft. Sein Bruttoverdienst betrug 70.000 Euro im Jahr 2019. Er erfüllt Mitarbeiter die jetzt geltenden Voraussetzungen nicht und kann nur noch bis 31. Dezember 2023 von den bisherigen Regeln profitieren. Wenn sein Verdienst im Jahr 2019 mehr 75.000 Euro betrug und die Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt waren, dann kann sein Arbeitgeber bis 31. Juli 2022 beantragen, dass der Mitarbeiter für die Restlaufzeit von zwei Jahren und rückwirkend zum 1.1.2022 von den neuen Privilegien profitieren möchte mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Jahre.

Diese Übergangsregelung ist nun in einer Verwaltungsvorschrift statuiert worden, die zum 21. Januar 2022 erlassen wurde (circulaire 2022/C/9).

Für Forscher gelten dieselben Bedingungen wie oben zitiert mit der Ausnahme, dass der Mindestlohn von über 75.000 Euro / Jahr nicht erforderlich ist.

Zudem gelten weitere Bedingungen, die nur auf Forscher anwendbar sind:

  • Diese müssen Träger bestimmter Diplome sein. Anerkannte Lehrabschlüsse sind: Doktor oder Master in den Bereichen exakte oder angewandte Wissenschaften, Bauingenieurwesen, Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie, Architektur oder Agrarwissenschaften, oder/und
  • Sie müssen eine Berufserfahrung von mindestens zehn Jahren im Bereich der Forschung vorweisen können.
  • Forscher müssen außerdem mindestens 80 Prozent ihrer Arbeitszeit der Forschungstätigkeit widmen.

Weniger Verwaltungsaufwand und verkürzte Bearbeitungszeit

Wenn keine anderweitigen Anhaltspunkte bestehen, werden die Mitarbeiter, die unter die neue Regelung fallen wie Einheimische besteuert, d. h. gelten dann als unbeschränkt steuerpflichtig in Belgien; dies im Gegensatz zu der bisherigen Behandlung als sog „non residenten“ (beschränkt Steuerpflichtig) und müssen somit ihr weltweit generiertes Einkommen in Belgien erklären.

Wer noch stets der Auffassung ist, dass er in Belgien beschränkt steuerpflichtig ist, der muss jährlich ein Attest seiner ausländischen Wohnsitzgemeinde über seinen Wohnsitz beifügen.

Die neuen Regelungen führen zu einer erheblichen Minimierung des Verwaltungsaufwands. Für den Antrag, der in Zukunft nur noch elektronisch einzureichen ist, benötigt man keine Diplome, keine Nachweise darüber, dass man Führungskraft ist und dass sich der Lebensmittelpunkt in wirtschaftlicher Hinsicht im Ausland befindet. Auch ein Lebenslauf ist nicht mehr notwendig, nur der Nachweis des entsprechenden Bruttoverdienstes, sowie dass sich der Wohnsitz vor Aufnahme der Beschäftigung in Belgien entsprechend fern von der Grenze befand.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhalten viel schneller Rechtssicherheit, da die Bearbeitungsdauer seitens der Verwaltung (die bisher oft mehr als ein Jahr betrug bzw. in einigen Fällen sogar mehrere Jahre) nun auf drei Monate verkürzt wurde.

Mehr Deutlichkeit auf dem Gehaltzettel

Die Payroll wird sich erheblich deutlicher gestalten, da man von vornherein genau berechnen kann, welcher Betrag als steuerpflichtig angesetzt werden kann (vorher musste eine Schätzung der Dienstreisetage erfolgen). Der Mitarbeiter wird in Belgien steuerlich transparent sein, da aufgrund seiner unbeschränkten Steuerpflicht Kontrollmitteilungen erfolgen über etwaiges im Ausland sich befindliches Vermögen und im Ausland erzielte Erträge (etwa aus Kapitalanlagen).

Die Vorteile sind nun auch Belgiern, Vereinen und Verbänden zugänglich

Zudem sind auch belgische Staatsbürger nicht mehr ausgeschlossen, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen. Dies war vorher der Fall. Weiterhin sind nun auch endlich Vereine und Verbände als Arbeitgeber anerkannt, Stiftungen nicht.

Jedoch: Für Mitarbeiter, die damit gerechnet haben, dass die steuerlichen Privilegien unbegrenzt gelten, ist die Änderung der Gesetzeslage im Hinblick auf die nun geltende zeitliche Befristung der Privilegien, ein tiefer Einschnitt in die Lebensplanung.

Bei Fragen wenden Sie sich an InterGest Belgium:

Sophie Melchinger
+32 2 736 76 31
E-Mail schreiben

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