Umfrage

Deutsche Wirtschaft braucht Investitionen

13.10.2021

IHK-Unternehmensbarometer zeigt Erwartungen an die neue Bundesregierung.

Die deutschen Unternehmen erwarten von der künftigen Bundesregierung deutlich mehr Tempo und ein besseres Umfeld für ihre erforderlichen Investitionen. Das geht aus dem Ende September vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veröffentlichten IHK-Unternehmensbarometer zur Bundestagswahl 2021 hervor.

Die Ergebnisse basieren auf Antworten von rund 3.500 Betrieben aus allen Branchen und Regionen der Industrie- und Handelskammern (IHKs).

"Digitalisierung, Klimaschutz und der Fachkräftemangel sind für die Unternehmen die wichtigsten Zukunftsthemen. Sie haben die Sorge, dass Deutschland hier zunehmend an Boden verliert", fasst DIHK-Präsident Peter Adrian die Antworten zusammen.

"Unsere Wirtschaft braucht jetzt einen spürbaren Investitions-Ruck in Deutschland. Richtschnur für den neuen Koalitionsvertrag sollte deshalb sein, private und öffentliche Investitionen zu fördern", sagt Adrian. "Wir müssen zügiger entscheiden können. Deutschland darf zwar weiterhin besonders gründlich sein, aber nicht langsamer als der Rest der Welt. Die Unternehmen sehen sich allzu oft durch komplexe Regulierungen, langwierige Verfahren und praxisferne Vorgaben ausgebremst."

Top-Thema Digitalisierung

Als wichtigstes Thema, das die künftige Bundesregierung anpacken soll, sehen die Unternehmen mit 61 Prozent "Digitalisierung vorantreiben". Danach rangiert "Verwaltungsleistungen verbessern und beschleunigen" (41 Prozent).

Bei der Frage, welche Themen die neu gewählte Bundesregierung aus Sicht der Unternehmen vornehmlich vorantreiben sollte, steht das Thema Digitalisierung an oberster Stelle (61 Prozent). Dieser Anteil hat sich gegenüber 2017 (55 Prozent) nochmals deutlich erhöht, was nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem verstärkten Transformationsdruck der Betriebe durch die Corona-Pandemie steht. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie digitale Anwendungen dazu beitragen können, Personen und Unternehmen zu vernetzen bzw. Leistungen und Produkte über digitale Kanäle an die entsprechenden Zielgruppen zu bringen. Die Unternehmen haben zudem die langfristigen Vorteile der Digitalisierung erkannt – etwa schnellere und unbürokratische Abläufe oder Kosteneinsparungen.
Allerdings fehlen grundlegende Rahmenbedingen, damit die Unternehmen die Potenziale der Digitalisierung voll ausschöpfen können. Deutschland verfügt nicht über eine moderne digitale Infrastruktur. Glasfaseranschlüsse bis in die
Gebäude hinein und flächendeckende Mobilfunkversorgung sind eine entscheidende Voraussetzung für die Digitalisierung und Vernetzung der Unternehmen. Die Maßnahmen dafür müssen strategisch besser zusammenwirken. Gleiches gilt für das Regulierungsumfeld. So erschwert das unterschiedliche Agieren der Aufsichtsbehörden beim Datenschutz
den Einsatz neuer Technologien und digitaler Geschäftsmodelle. Rechtssicherheit und Unterstützung wünschen sich die Unternehmen auch beim Datenaustausch untereinander und bei der Nutzung von Daten der öffentlichen Hand (Open Data).

Steuersystem modernisieren

Ein Drittel der Unternehmen fordert, die Unternehmensbesteuerung zu modernisieren - fünf Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Dies verdeutlicht den Reformbedarf in diesem Politikfeld. Allen voran der Handel (41 Prozent), aber
auch das Baugewerbe (34 Prozent) gaben überdurchschnittlich oft an, dass diese Forderung für sie Priorität hat. Nach nunmehr 13 Jahren seit der letzten Unternehmenssteuerreform bedarf es einer umfassenden Modernisierung der
Unternehmensbesteuerung. Dazu gehört neben einer konsequenten Digitalisierung der Prozesse mit und in der Finanzverwaltung – verbunden mit einer spürbaren Verkürzung von Bearbeitungsfristen wie z. B. den Zeiträumen für Betriebsprüfungen – die strukturelle Neuausrichtung des materiellen Steuerrechts auf Investitionsfreundlichkeit. Dabei sollte u. a. die Kostenbesteuerung, z. B. bei den Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer, abgeschafft, zumindest jedoch deutlich entschärft werden. Gerade die pandemiebedingte Wirtschaftskrise hat gezeigt, wie wichtig eine möglichst weitreichende Verlustverrechnung ist, um den Unternehmen den Weg durch und aus der Krise zu erleichtern.
Deshalb sollten Unternehmen ihre Verluste in mehrere Jahre zurücktragen und vollständig, nicht nur begrenzt, mit aktuellen Gewinnen verrechnen können. Für einen dauerhaften Weg aus der Krise braucht es ein investitionsfreundliches
Steuerrecht auch mit angepassten Abschreibungsfristen an den schnelleren technologischen Wandel und einer höheren Grenze für Sofortabschreibungen (wenigstens 1.000 Euro). Gerade im internationalen Kontext sollte Deutschland
wieder ein wettbewerbsfähiges Niveau bei der Steuerbelastung auf Unternehmensgewinne erreichen.

Standortqualität aus Unternehmenssicht verschlechtert

Die Betriebe bewerten aktuell die meisten Standortfaktoren für ihre wirtschaftliche Entwicklung deutlich schlechter als vor vier Jahren. Schlusslicht ist die Bürokratie mit einer Durchschnittsnote von 4,8 – das sind nochmals 0,5 Punkte weniger als 2017. Auch den Ausbau der digitalen Infrastruktur etwa bei Glasfaserleitungen beurteilen die Betriebe als schlecht (Note 4,3 nach 3,7 vor vier Jahren).  Die letzten vier Jahre haben die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands aus Sicht der Unternehmen nicht verbessert. Anderthalb Jahre Corona-Pandemie haben etliche Betriebe vor existenzielle Fragen gestellt und einen hohen Investitionsbedarf im öffentlichen und privaten Bereich hervorgerufen. Für die Unternehmen steht dabei die Beschleunigung der
Digitalisierung ganz oben auf der Agenda. Zwei Drittel der Unternehmen sehen dieses Thema als dringlich an. Es folgen mit einer Zustimmung von 41 und 39 Prozent bessere Verwaltungsleistungen und eine wettbewerbsfähige Klimapolitik.

Energiekosten bremsen Investitionen aus

Besonders negativ bewerten die Betriebe die Strom- und Energiekosten (Durchschnittsnote jeweils 4,5). Bei den gewerblichen Strompreisen ist Deutschland in fast allen Verbrauchsgruppen europäischer Spitzenreiter – die Bewertung dieses Standortfaktors sackt mit minus 0,8 Notenpunkten im Vergleich zum Jahr 2017 am stärksten ab. In der Industrie vergeben die mittelständischen Unternehmen bei den Stromkosten sogar eine glatte 5.

Aber auch die nationale Sonder-CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe treibt die Energiekosten vieler Industrieunternehmen weiter in die Höhe und belastet deren Wettbewerbsfähigkeit auch innerhalb Europas. "Das bremst Investitionen in klimafreundliche Antriebe, Technologien und Produktionsanlagen", so der DIHK-Präsident. So haben die Unternehmen im letzten Jahr insgesamt 13 Prozent weniger in Ausrüstung wie Maschinen und technische Anlagen investiert. "Klimaneutralität werden wir aber nur mit vielen privaten Investitionen erreichen können", gibt Adrian zu bedenken.

Ebenfalls kritisch sehen die Unternehmen die Situation beim Fachkräfteangebot und die hohen Unternehmenssteuern (jeweils 4,0). Luft nach oben gibt es zudem bei der Verkehrsinfrastruktur (3,5) und bei der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen (3,6).

Nach wie vor eher positiv schätzen Unternehmen die duale Berufliche Bildung, die Rechtssicherheit in Deutschland sowie die Situation bei Forschung und Innovation ein. Allerdings fiel auch hier die Bewertung etwas schlechter aus als noch 2017.

Ansprechpartner

Susann Zuber

Bereichsleiterin
Kommunikation & PR

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